PBM: Weil jeder Tropfen zählt

5. September 2017

 

Weil jeder Tropfen zählt: Patient Blood Management

Patient Blood Management wird definiert als ein klinisches, multidisziplinäres, patientenzentriertes Konzept, das durch Ausschöpfen verschiedener therapeutischer Möglichkeiten darauf abzielt, die Transfusion allogener Blutprodukte möglichst zu reduzieren. Hintergrund dieses Konzepts stellt die Verbesserung der Patientenversorgung sowie unter anderem die Schonung der wertvollen Ressource Blut dar.

Die 3 Säulen des Patient Blood Management Konzepts

Das Konzept des Patient Blood Managements basiert auf 3 Säulen, die jeweils zu verschiedenen Zeitpunkten greifen: präoperativ, intraoperativ und postoperativ. Die erste Säule beinhaltet hauptsächlich die präoperative Behandlung einer möglichen Anämie, die zweite Säule beschäftigt sich vornehmlich mit der Minimierung des Blutverlustes durch den Einsatz von blutsparenden Operationstechniken und die dritte Säule umfasst die postoperative Erhöhung der Anämietoleranz.(1)

DE PBM Abbildung


Abbildung 1: Konzept des Patient Blood Management: diese Prinzipien sollen Goodnough et al zu Folge von den Behandlern in der perioperativen Periode angewendet werden, damit für einen evidenzbasierten Ansatz ausreichend Zeit sowie Möglichkeiten bestehen allogene Bluttransfusionen zu minimieren.(1)


Die Risiken allogener Bluttransfusionen

Es kristallisiert sich immer stärker heraus, dass Bluttransfusionen als Therapie nur begrenzt wirksam sind und beträchtliche Risiken bergen. Wie zahlreiche Studien bestätigt haben, können Transfusionsempfänger negative Behandlungsergebnisse zeigen, die nicht mit Infektionsrisiken in Zusammenhang stehen.

  • So war die Anwendung allogener Blutkonserven verbunden mit:(2)
    • Verstärkten Blutungen
    • Beeinträchtigter Perfusion im Bereich der Mikrozirkulation
    • Beeinträchtigter Sauerstoff-Freisetzung durch Hämoglobin
    • Eher verschlechterter als verbesserter Sauerstoffversorgung des Gewebes
  • Eine Studie mit Patienten, an denen ein herzchirurgischer Eingriff vorgenommen wurde, zeigte, dass Personen, die eine Transfusion erhalten hatten, schlechtere Behandlungsergebnisse aufwiesen als jene ohne Transfusionen, selbst wenn bei Letzteren die Auswirkungen einer mäßigen bis schwerwiegenden Anämie berücksichtigt wurden(3)
  • Die 5-Jahres-Mortalität betrug bei transfundierten Herzpatienten 15 %, bei den Patienten ohne Transfusionen 7 %(4)


Potenzielle Transfusionskomplikationen(5)

  • Fehltransfusion
  • Septische Transfusionsreaktionen
  • Nicht immunvermittelte Hämolyse
  • Transfusionsbedingte Kreislaufüberlastung
  • Transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz (TRALI)
  • Postoperative Purpura
  • Transfusionsbedingte Graft-versus-Host-Disease (GVHD)
  • Komplikationen aufgrund von lagerungsbedingter Erythrozytenschädigung
  • Transfusionsbezogene Immunmodulation
  • Alloimmunisierung


Die Rolle der lokal angewendeten Hämostatika

Die Risiken von allogenen Bluttransfusionen für Patienten können minimiert oder ganz vermieden werden, indem systematisch Methoden zur Einsparung von Fremdblut angewendet werden.(6) Ein Bestandteil eines umfangreichen Programms zu diesem Zweck sind lokal angewendete Hämostatika, die ein wichtiges Mittel zur Senkung des intraoperativen Blutverlusts darstellen.

Die amerikanische Gesellschaft der Thoraxchirurgen und Herz-Kreislauf-Anästhesisten (STS-SCA) hat 2011 in ihren aktualisierten Leitlinien zur Senkung des Transfusionsbedarfs folgende Aussagen getroffen:(7)

  • Es gibt keinen Ersatz für eine gute OP-Technik, jedoch deuten Anhaltspunkte darauf hin, dass unterstützende lokale Maßnahmen zur Förderung der lokalen Hämostase sinnvoll sind.
  • In der jüngeren Fachliteratur gibt es Hinweise darauf, dass lokal angewendete Wirkstoffe als Komponenten eines multimodalen Blutmanagement-Programms Blutungen aus chirurgischen Wunden eindämmen können.


Quellen:

1. Goodnough T et al. Patient Blood Management. Anesthesiology. 2012 Jun;116(6):1367-76.
2. Shander A, Gross I, Hill S, et al. A new perspective on transfusion practices. Blood Transfus. 2013;11:193-202.
3. Habib RH, Zacharias A, Schwann TA, et al. Role of hemodilutional anemia and transfusion during cardiopulmonary bypass in renal injury after coronary revascularization: implications on operative outcome. Crit Care Med. 2005;33:1749-56.
4. Engoren MC, Habib RH, Zacharias A, Schwann TA, Riordan CJ, Durham SJ. Effect of blood transfusion on long-term survival after cardiac operation. Ann Thorac Surg. 2002;74(4):1180-6.
5. Usoro NI. Blood conservation in surgery: concepts and practice. Int Surg. 2011;96:28-34.
6. Goodnough LT, Shander A. Blood management. Arch Pathol Lab Med. 2007;131:695-701.
7. Ferraris VA, Brown JR, Despotis GJ, et al. 2011 Update to the Society of Thoracic Surgeons and the Society of Cardiovascular Anesthesiologists Blood Conservation Clinical Practice Guidelines. Ann Thorac Surg. 2011;91:944-982.